Orientalisch-Ägyptischer Tanz
(Raqs Sharqi = Tanz
des Ostens)
Der ägyptische Tanz entstand vor mehreren tausend Jahren und ist einer der
Ursprünge für den hierzulande bekannten westlich geprägten "Bauchtanz" oder
"Orientalischen Tanz".
Die ägyptische Tanzkunst ist erdig, zentriert und fließend. Ihr
Ausdruck knüpft an die
Symbolik archetypischer, universell gültiger Formen und Figuren
an. Die Musik mit ihren Stimmungen
wird in individueller Weise interpretiert. Jede Frau kann in diesem
Tanz - wie in keinem anderen -auf natürliche Weise ihre eigene,
einzigartige Persönlichkeit ausdrücken.
Durch die binnenkörperlichen Bewegungen werden die inneren Organe massiert und durchblutet. Im
Alltag wenig geforderte Muskeln
werden beansprucht und gedehnt, wie z. B. die Beckenbodenmuskulatur,
die untere Rückenmuskulatur oder die
oft durch Absätze verkümmerte Wadenmuskulatur. Die Körperhaltung und Probleme des
Bewegungsapparats werden verbessert,
viele Frauen blühen beim Tanzen auf und für manche bedeutet der Orienttanz der Beginn eines neuen Lebens
Man unterscheidet grob drei Stilrichtungen im ägyptischen Tanz:
den ländlichen Raqs Shaábi (der u.a. diverse Folklorerichtungen
vereinigt), den durch die Verstädterung entstandenen (modernen) Raqs
Baladi und den verfeinerten klassischen Sharqi.
Weitere zeitgenössische Ausprägungen sind der American Tribal Style (ATS) und Tribal Fusion.
Raqs Shaábi (= das Volk, volkstümlich)
Der
ländliche ursprüngliche Stil des ägyptischen Tanzes
verkörpert als tänzerisches Ideal:
Natürlichkeit, Erdigkeit, Verankerung im Schwerpunkt und
Sonnengeflecht, kraftvolle Hüftbewegungen, Ruhe und Zentriertheit
von Oberkörper und Kopf, integrierte Arme und ganzheitlichen
Bewegungsfluss. Shaábi kann langsam und getragen, aber auch
feurig und temperamentvoll sein. Er kann sowohl alleine als auch in der
Gruppe getanzt werden.
Wesentliche Instrumente dieser Musik sind: Rababa (Vorgängerin der
Geige), Arghul (Doppelrohrflöte, Vorgängerin des Saxophons),
Nai (kleine Rohrflöte), Tabla (Trommel), Bendir (Rahmentrommel)
Raqs Baladi
(= mein Land, vom Lande kommend)
Mit dieser Charakterisierung verknüpft ist
das Lebensgefühl
und die Mentalität derer, die - einst vom Lande stammend
- arbeitssuchend und nach einer besseren Welt strebend nach Kairo
zuwanderten und ihre eigene Musik- und Tanzkultur mitbrachten.
Baladi wird durch
Einfachheit, Schlichtheit und Erdigkeit charakterisiert, was durch
kraftvolle Hüftbewegungen, einfache Armhaltung und kontrollierte
Lockerheit gekennzeichnet ist.
Baladi ist reich an binnenkörperlichen Bewegungen und sollte durch
viel Gefühl
und Intensität zum Ausdruck gebracht werden.
Ein
wesentliches Merkmal ist das zentrale Element der Improvisation.
Musiker und Tänzerinnen improvisieren innerhalb einer
Grundstruktur, die im Laufe der Zeit komplexer wird. Die
Einführung moderner, westlicher
Instrumente (z. B. aus Frankreich) wie Akkordeon, Saxophon und
Klarinette (auch
Keyboard, Synthesizer, Bassgitarre, etc.)
eröffnen neue Ausdrucksmöglichkeiten und bringen das
veränderte Lebensgefühl
der Stadtbevölkerung zum Ausdruck. Der Musik
haftet
häufig eine Wehmut und Melancholie, eine Trauer um
verlorengegangene Bezüge an,
was den Baladi zum „Blues Ägyptens“ macht.
Raqs Sharqi (Klassischer Tanz)
Traditioneller
klassischer (höfischer) Tanz
Während
Baladi ursprünglich die Kunst des einfachen Volkes war, geht
Sharqi auf die Musik und den Tanz
zurück, der an den Höfen und in den reichen Häusern
Ägyptens gepflegt wurde. Es gab die „Awalim", in Musik, Tanz,
Dichtung und Gesang ausgebildete Frauen, die am Hofe mit einem kleinen
Musikensemble auftraten und
eine verfeinerte Kunstform darboten. Diese Tradition wurde später
in den Häusern der gesellschaftlichen Elite fortgesetzt.
Wesentliche
Instrumente für die Sharqi-Musik sind die Tabla, Zither (Qanun),
Tambourin, Laute, etc.
Moderner klassischer Tanz
Mit der Modernisierung Ägyptens verändert sich auch die
Sharqi-Musik. Westliche Einflüsse,
die Einführung neuer Instrumente und die Erweiterung des
traditionellen Orchesters führen zu einer „neuen“ Musik und zu
einer raumgreifenderen und
bühnenwirksameren Art zu tanzen. Elemente aus westlichen
Tänzen, z. B. aus dem Ballett, werden in den ägyptischen Tanz
eingeflochten.
Berühmten
Komponisten und Künstlern wie Farid el Atrache und
Mohammed Abdel Wahab gelingt es, die Musik zu modernisieren, ohne ihr
den ägyptischen Charakter zu nehmen. Dann
wird der Tanz vom Film entdeckt und kommerzialisiert, Hollywood
setzt neue Maßstäbe. Der Tanz wird zu einem exotischen
Spektakel und verliert sich in Klischees. Trotzdem haben einige der
Filmstars der 40er und 50er Jahre etwas von der
ursprünglichen Kraft
dieses Tanzes bewahrt.
Instrumente
im modernen klassischen Tanz sind
die Tabla, Geigen, Piano, Querflöte, etc.
Tribal Fusion
Der Ursprung von Tribal Fusion ist der American Tribal Style. Dieser wurde in den 70er-Jahren von Carolena Nericcio in
San Francisco entwickelt. Er ist eine Mischung aus Orientalischem Tanz, Indischem Tanz und Flamenco und wird in der Gruppe
bzw. in einem Tribe (Stamm) meist mit Zimbeln getanzt. Tribal Fusion entstand Anfang 2000,
als zu dem ATS weitere urbane Tanzstile wie
Jazztanz, Modern Dance, Hip Hop, Funky Style und Elemente aus dem Breakdance hinzukamen.
Tribal Fusion wird als Solo oder in der Gruppe getanzt. Der Tribal Style lebt von starkem Ausdruck der Tänzerin, kompakten Isolationen
und wechselnden Kontrasten zwischen harten und weichen Bewegungen.
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